Endlich wieder hören: So gelingt die Gewöhnung an Ihr neues Hörgerät
Ein modernes Hörgerät kann Ihre Welt akustisch zu neuem Leben erwecken. Doch wenn man sich erst einmal an eine gewisse Schwerhörigkeit gewöhnt hat, kann die Fülle der Geräusche anfangs herausfordernd sein. Das Läuten des Telefons, der ferne Straßenlärm oder sogar das nahe Vogelgezwitscher – plötzlich hören Sie deutlich mehr. Das erscheint zunächst ungewohnt, und viele Menschen befürchten, dass das Hörgerät falsch justiert wurde.
Das ist völlig normal! Lassen Sie sich davon nicht verunsichern und nehmen Sie sich die nötige Zeit für die Gewöhnung an Ihr neues Hörgerät. Diese Phase ist ein Zusammenspiel: Ihr Ohr gewöhnt sich an das Tragegefühl des Geräts, während Ihr Gehirn lernt, die neue Klangfülle zu verarbeiten. Wir versprechen Ihnen: Mit Geduld und professioneller Begleitung werden Sie Ihr Gerät bald als selbstverständlich empfinden.
Was erwartet Sie in den ersten Wochen mit Hörgeräten?
Je nachdem, wie lange Ihr Hörverlust bereits besteht, kann es sein, dass Sie Ihre Umgebung bisher nur gedämpft oder bestimmte Geräusche gar nicht mehr wahrgenommen haben. Mit einem Hörgerät ändert sich diese Wahrnehmung deutlich.
Gerade in der Eingewöhnungszeit kann der Alltag an Geräuschvielfalt gewinnen. Warum das so ist, hat vor allem mit Ihrem Gehirn zu tun:
Ihr Gehirn muss das Filtern neu lernen: Es ist lange her, dass Ihr Gehirn das volle Spektrum an Klängen erhalten hat. Viele Hintergrundgeräusche, die wir im Alltag mühelos ausblenden (wie das Rauschen der Klimaanlage der der Wasserhahn im Bad), klingen für Sie neu und sind anfangs schwer zu ignorieren. Ihr Gehirn braucht Zeit, um diese Filterfunktion wieder zu aktivieren.
Die eigene Stimme klingt anders: Es kann passieren, dass Ihre eigene Stimme zunächst ungewohnt klingt. Dieses Phänomen kennt man auch vom Anrufbeantworter: Die eigene Stimme klingt fremd, da wir unsere Stimme überwiegend über Knochenschwingungen wahrnehmen. Doch unser Gehirn ist auch hier anpassungsfähig. Nach spätestens drei Tagen ist der Klang im Gehirn als “normal” verankert und fällt kaum noch auf.
Die Ohren brauchen eit: Auch das Ohr selbst muss sich erst an das Gefühl des eingesetzten Geräts gewöhnen.
Wichtig: Betrachten Sie diese Phase als Gehirntraining. Ihr Gehirn lernt, unwichtige Geräusche zu filtern und sich auf die wichtigen Signale, wie Sprache, zu konzentrieren.
Ihr Fahrplan zur erfolgreichen Eingewöhnung – 8 wichtige Schritte
Die Gewöhnungsphase ist der entscheidende Schritt zu dauerhaft besserem Hören. Ein Hörgerät kann sein volles Potenzial nur entfalten, wenn es regelmäßig getragen wird. Nutzen Sie diese praktischen Ratschläge, um sich entspannt an Ihre neue Hörhilfe zu gewöhnen:
1. Nehmen Sie sich Zeit und tragen Sie das Gerät konsequent
Die schallverarbeitenden Zentren Ihres Gehirns müssen wieder lernen, Geräusche zu filtern. Helfen Sie ihm dabei, indem Sie das Hörgerät konsequent tragen. Beginnen Sie mit wenigen Stunden am Tag und steigern Sie die Tragezeit ganz nach Ihrem Wohlbefinden, bis Sie es von morgens bis abends tragen können.
Unser Tipp: Führen Sie ein Hörtagebuch. Schreiben Sie Ihre Eindrücke und Erfolge auf. So sehen Sie Ihren persönlichen Fortschritt und können Fragen gezielter mit uns als Ihrem Akustiker besprechen.
2. Üben Sie die Handhabung in Ruhe
Nehmen Sie sich Zeit, das Einsetzen, Herausnehmen und die Reinigung zu üben. Je besser Sie mit Ihrem Gerät vertraut sind, desto einfacher wird es Teil Ihres Alltags. Fragen Sie uns jederzeit, wenn Sie sich unsicher sind.
3. Starten Sie in einer ruhigen, vertrauten Umgebung
Am besten beginnen Sie Ihre Eingewöhnung zu Hause. Das erleichtert Ihnen, Geräusche in einer entspannten Umgebung zu erkennen und richtig zuzuordnen, ohne sofort von Außenreizen überflutet zu werden.
4. Gehen Sie es langsam an und suchen Sie die Natur
Sie müssen das Gerät nicht sofort den ganzen Tag im Ohr haben. Wenn es Ihnen zu viel wird, legen Sie eine kurze Pause ein. Ein Spaziergang in der Natur ist ideal: Achten Sie dort auf leise Klänge wie Vogelstimmen oder das Rauschen des Windes – hier trainieren Sie ohne viele störende Nebengeräusche.
5. Tasten Sie sich an technische Geräte heran
Probieren Sie in aller Ruhe aus, mit Ihren Hörgeräten fernzusehen und Radio zu hören. Nachrichtensendungen sind perfekt für den Anfang, da die Sprecher gut ausgebildet sind und klar sprechen. Auch ein Telefonat mit einem vertrauten Menschen in Ruhe können Sie testen.
6. Wagen Sie sich an Gesprächssituationen
Beginnen Sie mit Gesprächen mit nur ein oder zwei Personen in einer ruhigen Umgebung. Erklären Sie Ihren Gesprächspartnern offen, wie sie Sie am besten unterstützen können.
Wichtige Hinweise für Gespräche:
Wählen Sie die optimale Position: Positionieren Sie sich vis-à-vis. Die Mikrofone sind in der Regel nach vorn gerichtet, und Sie können die Lippenbewegungen besser sehen.
Bitten Sie um Gesprächsdisziplin: In größeren Gruppen hilft es ungemein, wenn die Teilnehmer nacheinander und deutlich sprechen.
Nutzen Sie Mimik und Gestik: Achten Sie bewusst auf die Mundbewegungen Ihres Gegenübers. Das Gehirn nutzt dies unbewusst – Sie können diese Fähigkeit gezielt trainieren.
7. Seien Sie offen und ehrlich
Sagen Sie Ihren Gesprächspartnern offen, wenn Sie etwas nicht verstanden haben. Ein Nicken, obwohl man nichts verstanden hat, erhöht nur den Frust auf beiden Seiten. Bitten Sie konkret darum, etwas zu wiederholen oder umzuformulieren. Gehen Sie aufmerksam und geduldig mit sich selbst um.
8. Der letzte Schritt: Die belebte Umgebung
Sobald Sie sich an das Gerät gewöhnt haben, probieren Sie es in Umgebungen mit vielen Geräuschen wie Restaurants oder belebten Straßen. Hier können Sie die Filterleistung Ihres Geräts und Ihres Gehirns im echten Alltag testen.
Wie kann mein soziales Umfeld mich unterstützen?
Ihre Freunde und Angehörigen sind in dieser Zeit eine wichtige Stütze.
Geduld ist Gold wert: Dies ist die wichtigste Eigenschaft. Der Weg zum optimalen Hörerlebnis ist ein Prozess für alle Beteiligten.
Offene Kommunikation: Kommunikationspartner sollten bereit sein, Inhalte zu wiederholen oder zu präzisieren, statt einfach lauter zu werden.
Augenkontakt halten: Wenn Angehörige Sie direkt ansehen, während sie sprechen, können Sie die visuelle Unterstützung optimal nutzen und so entspannter folgen.
Fazit
Hören ist im Wesentlichen eine Gehirnleistung. Nach einer längeren Zeit des reduzierten Hörens muss diese Fähigkeit neu justiert werden. Das ist Arbeit, die sich aber lohnt!
Sollten Sie das Gefühl haben, das Gehirn braucht zusätzliche Unterstützung bei der Verarbeitung der Klänge, kann eine gleitende Lautstärkeanpassung helfen. Sprechen Sie uns gerne darauf an. Als Ihr Hörakustiker begleiten wir Sie eng und individuell durch diese spannende Phase.
Wir sind für Sie da, damit Sie die ganze Klangvielfalt des Lebens wieder genießen können.